Von Chancen und Risiken der Digitalisierung
von Heribert Beck, Veröffentlicht im Volksblatt
«Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen, besagt ein altes chinesisches Sprichwort. Ich will mich dafür einsetzen, dass wir Windmühlen bauen und die Digitalisierung als Chance nutzen», sagte Regierungschef-Stellvertreterin und Wirtschaftsministerin Sabine Monauni in ihrer Eröffnungsansprache am Digitaltag in Vaduz. Dafür müssten aber alle Akteure reagieren: Staat, Wirtschaft und Bevölkerung. Die Regierung sei jedenfalls daran, die Digitalisierung aktiv voranzutreiben, um den Liechtensteiner Wohlstand zu gewährleisten und das Land im Rahmen des Möglichen zu positionieren. Beispielhaft nannte Monauni die vollständige Digitalisierung von Unternehmensgründungen. Die technologischen Fortschritte böten jedoch nicht nur zahlreiche attraktive Möglichkeiten, sondern auch Gefahren wie die Verletzlichkeit der Informationsgesellschaft. «Im Mittelpunkt steht für die Regierung daher stets der Mensch und nicht die Maschine oder der Algorithmus», sagte die Regierungschef-Stellvertreterin. Auf diesen Spagat zwischen Chancen und Risiken ging auch der Hauptreferent des Anlasses, Trendforscher David Bosshart, ein.
Im Tesla oder Volvo durch die Wüste
«Wir sind auf relativ hohem Niveau komplett ahnungslos, wohin wir gehen», sagte Bosshart einleitend. Er ergänzte: «Wir wissen aber, dass wir schneller dorthin gehen.» Die Zukunft voraussagen kann also auch der Trendforscher nicht. Diverse Anhaltspunkte, wohin die Reise geht, konnte er aber liefern. Es sei klar, dass die Menschen gute, funktionierende Technologien lieben, gleichzeitig seien ihnen gegenüber aber immer mehr Zeitgenossen kritisch eingestellt. Auch das Analoge sei daher wieder verstärkt gefragt. «Wollen Sie lieber mit einem Tesla durch die Wüste fahren oder mit einem alten Volvo, den Sie zur Not noch selbst reparieren können», fragte David Bosshart rhetorisch. Und was für die Wüste gilt, gilt auch für die See. Da die Gefahr von Cyberangriffen zunehme, verpflichte die US-Marine ihr Personal neuerdings wieder, zu lernen, wie es im Notfall nach den Sternen navigieren kann. Technologie sei nie gut oder schlecht. Aber auch nicht neutral. Es gelte, eine kluge Balance zu finden zwischen Machbarem und all den neuen Ideen. «Kriegen wir das gut hin, profitieren wir alle. Sonst stehen uns in den nächsten 20 bis 30 Jahren viele ärgerliche Ereignisse bevor.»
Windmühlen statt Kathedralen
Der Trend geht gemäss David Bosshart auf jeden Fall dahin, dass die virtuelle Welt vollständig in die reale integriert wird. Dies funktioniere künftig wohl nicht mehr über eine Schnittstelle wie ein Smartphone, sondern über eine direkt im Gehirn. «Dann können Sie Cristiano Ronaldos Kopf ball oder die Angst des Bergsteigers miterleben.» Auch für Unternehmen und ihre Angestellten biete die Digitalisierung viele Annehmlichkeiten. Das eröffne aber auch neue Möglichkeiten zur Überwachung und Kontrolle von Mitarbeitern. Insgesamt habe das Vertrauen in Technologien in den vergangenen Jahren stark abgenommen. Trotzdem gehe die Entwicklung hin zum Indoormenschen und «Höhlenbewohner», der von diesen Technologien profitiert, von zu Hause aus arbeitet, einkauft, sich unterhält. Gute Luft werde daher eine noch wichtigere Ressource, Innenarchitekten «Die Helden der Zukunft», Kaffeemaschinenhersteller und Kühlschrankproduzenten die Profiteure. «Wir bauen keine Kathedralen mehr», zitierte Bosshart Steve Jobs zugeschriebene Worte. Kathedralen seien für 1000 Jahre oder die Ewigkeit erstellt, Kühlschränke für 15 Jahre. So bleibt es für Liechtenstein von Bedeutung, dass der Bau von Windmühlen dennoch möglich ist, um Sabine Monaunis Worte wieder aufzugreifen.
Das ganze Video des Eröffnungsevents hier im Replay schauen.
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